„Da bin ich schnell durch“, war die Antwort von Martin Dohmstreich, Leiter der Gesundheitsagentur Rhein-Sieg, auf die Frage, welche Angebote es im Rhein-Sieg-Kreis für schwule, lesbische und transsexuelle Jugendliche gibt: Keine. Aus diesem Grund hatten die Jusos Rhein-Sieg zusammen mit der SPD-Kreistagsfraktion zu einer Podiumsdiskussion in die Meys Fabrik nach Hennef eingeladen. Dietmar Tendler, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion und der Juso-Kreisvorsitzende Mario Dahm führten in das Thema ein und erklärten die Funktion der Veranstaltung als Startschuss für eine Diskussion, die bisher im Rhein-Sieg-Kreis so kaum geführt wurde. Dafür hatten sie Expertinnen und Experten eingeladen, die aus der Praxis berichten konnten. Das schwul-lesbische Jugendzentrum GAP in Bonn und seine Angebote für junge Leute wurden von der pädagogischen Leiterin Mirjam Setzer vorgestellt. Das weite Einzugsgebiet zeige sich immer wieder daran, dass Jugendliche teils über eine Stunde Anreise hätten, um das Jugendzentrum in Bonn-Beuel zu besuchen, das durch Land und Stadt Bonn finanziert wird und unter Mitwirkung der Jugendlichen gestaltet wurde.
Spezielle Angebote für homo- und transsexuelle Jugendliche böten einen geschützteren Raum als die Angebote der Regeljugendarbeit, betonte auch Wibke Korten von der NRW-Fachberatung „gerne anders!“ für sexuelle Vielfalt und Jugendarbeit. Ziel sei es vor allem, die Jugendlichen in ihrer Selbstfindung zu unterstützen. Der Erfolg sei immer wieder zu sehen, wenn aus den unsicheren Jugendlichen, die sich oft im Jugendzentrum zum ersten Mal „outen“, schließlich sogar selbstbewusste Aufklärerinnen und Aufklärer im „SchLAu“-Projekt würden, berichtete Setzer aus ihren Erfahrungen. Das Aufklärungsprojekt „SchLAu“, das sich zurzeit auch im Rhein-Sieg-Kreis im Aufbau befindet, stellte Martin Dohmstreich vor. Ehrenamtliche Aufklärerinnen und Aufklärer gehen dabei in Schulen, erzählen ihre persönliche Geschichte und werben so für Toleranz und Vielfalt.
Dass der Bedarf für spezielle Beratungs-, Unterstützungs- und Freizeitangebote für schwul-lesbisch-transsexuelle Jugendliche auch im Rhein-Sieg-Kreis gegeben ist, waren sich Podium und Publikum einig. Der Beratungsbedarf der Jugendlichen sei so unterschiedlich wie die Jugendlichen selbst und auch die Unterstützung von Eltern sei eine wichtige Aufgabe, denn auch Eltern müssten sich immer wieder „outen“ und würden mit einer für sie neuen Situation konfrontiert, erklärten Setzer und Korten. Nils Grote von den Schwusos Köln warnte davor, Projekte ausschließlich durch ehrenamtliche Kräfte initiieren zu wollen, weil nachhaltige Angebote hauptamtliche Kräfte benötigten, die Fachkompetenz und Kontinuität gewährleisten könnten. „Es kann nicht unser Ziel sein, die jungen Leute nur in die Großstädte weiterzuleiten“, fasste Moderator Mario Dahm die Diskussion zusammen. Erste Ideen für ein neues Angebot der schwul-lesbischen Jugendarbeit im Rhein-Sieg-Kreis wurden geboren und sollen nun weiterverfolgt werden. Ob die Einrichtung eines Jugendzentrums für den Rhein-Sieg-Kreis oder ein mobiles Angebot, das an unterschiedlichen Orten wahrgenommen werden kann, der beste Weg ist, muss nun ebenso diskutiert werden wie die Frage der Finanzierung.